Freifunk und Jugendschutz

Für uns Freifunker ist der Jugendschutz immer wieder ein Thema, gerade wenn von verschieden Seiten an uns herangetreten wird und Sperren in unserem Netz gefordert werden. Deswegen möchten wir in diesem Blog-Beitrag eine Stellungnahme zum Thema Jugendschutz veröffentlichen.

Freifunk steht für freien Zugang zum Internet:

• Öffentlich und anonym zugänglich,
• Nicht kommerziell,
• Unzensiert,
• Im Besitz einer Gemeinschaft und dezentral organisiert.

Das Einrichten von Sperr- und damit Zensurmöglichkeiten auf Netzebene ist mit diesen Grundsätzen nicht vereinbar.

“Netzebene” bedeutet hier eine Sperrmaßnahme, die innerhalb der von Freifunk betriebenen Infrastuktur durch Freifunker umgesetzt wird. Dem entgegen stehen “Lösungen” auf den Endgeräten der Kinder und Jugendlichen, welche durch die Erziehungsberechtigten installiert werden können. Solche Filter auf Endgeräten sind individuell anpassbar und wirken unabhängig vom konkreten Zugang (öffentliche WLANs, heimischer Rechner, Mobilfunk, etc).

Netzweite Sperrmaßnahmen dagegen sind aus verschiedenen Gründen problematisch, allen voran die Tatsache, dass sie alle Nutzer von Freifunk betreffen würden. Darüber hinaus sind Lösungen auf Netzebene aufgrund technischer Limitierungen leicht zu umgehen und somit kein probates Mittel (Stichworte: Alternative DNS Server, HTTPS, Proxy-Dienste, Tor). Das nötige Wissen hierzu ist auch für Laien leicht zu erlangen.

Sperrmechanismen bringen darüber hinaus ein erhebliches Missbrauchsrisiko mit sich: Nach welchen Kriterien wird gesperrt? Wer pflegt diesen Index? Wer kontrolliert, ob die Pflege den Kriterien entspricht? Wir verweisen an dieser Stelle auf die bereits in den Jahren 2009 – 2011 bundesweit geführte Debatte über Netzsperren (damals anlässlich eines Entwurfs der Bundesregierung zur Änderung des Telemediengesetzes zur Ermöglichung von sog. “Access Blocking”.) Die Devise sollte hier immer noch lauten “Löschen illegaler Inhalte vom Server”, statt “Zensur beim Zugangsanbieter”.

Da die meisten Anfragen an uns, primär auf Netzsperren zum Zwecke des Jugendschutzes abzielen, möchten wir auf die Gefahr hinweisen, dass Heranwachsende ein zensiertes Netz als Normalzustand kennen lernen würden. Eine solche Desensibilisierung für das Thema Netzsperren und Zensur ist schädlich für unsere Gesellschaft. Eine Aufweichung der Kriterien ist absehbar und eine Gefahr für die freie Meinungsäußerung.

Hinsichtlich des zuletzt verstärkt diskutierten politischen & religiösen Extremismus im Internet empfehlen wir, keine Symptome zu bekämpfen, sondern durch Erziehung, politische Bildung und Aufbau von Medienkompetenz das selbständige kritische Denken der Heranwachsenden zu fördern.

Grundlage hierfür ist der freie Zugang zu Information und Kommunikation. Diesen können wir nach unseren Grundsätzen niemandem verwehren.

Während wir den Einsatz von Jugendschutzsoftware auf Engeräten zwar nicht befürworten können, so obliegt die Entscheidung hierzu den Erziehungsberechtigten.

Wir möchten euch gerne auf das Projekt “Chaos macht Schule” hinweisen, an dem sich u.a. der örtliche Erfa-Kreis des Chaos Computer Clubs e.V. in Essen beteiligt: https://ccc.de/schule.

Im Rahmen des Projektes führen kompetente Referenten publikumsgerechte Veranstaltungen zu Datenschutz, Medienkompetenz, Mediensucht und weiteren Themen für Schüler, Lehrer und auch Eltern durch.

Workshops rund um das Thema Freifunk, Kommunikationsnetze und Informationstechnologien sowie zur Steigerung der Medienkompetenz können auf Anfrage auch gerne von den Freifunker im Neanderland gehalten werden. Anfragen können gerne an kontakt@neanderfunk.de gerichtet werden.

Weiterführende Links:

• Chaos macht Schule – CCC https://ccc.de/schule
• Jugendschutz beim Freifunk München mit Hinweisen zu Jugendschutzmechanismen unter gängigen Betriebssystemen https://ffmuc.net/wiki/p/Jugendschutz

Quelle: https://karlsruhe.freifunk.net/news/2017/03/03/Freifunk-und-Jugendschutz/. Vielen Dank an der Stelle nach Karlsruhe für die Inspiration!