Was haben die Vesperkirche in Velbert und Freifunk gemeinsam? Mehr als ich anfangs dachte! Unser Ziel ist die Vernetzung von Menschen aller Couleur durch offenes WLAN mit unkompliziertem und uneingeschränktem Internetzugang. Die Vesperkirche will Menschen aus allen Gesellschaftsschichten, egal welcher Herkunft, Kultur oder Religion, bei leckerem, kostenlosen Essen und attraktivem Rahmenprogramm miteinander vernetzen.
Und so taten sich die Organisatoren der Vesperkirche Niederberg, und der Neanderfunk logischerweise zusammen. Am 24. Januar haben 10 Helfer alle Kirchenbänke aus der Velberter Apostelkirche ausgeräumt, um Platz für rund 90 Sitzplätze im Essbereich und weitere 40 Sitzgelegenheiten im Café zu schaffen. Parallel dazu installierten unsere Freifunker 2x TP Link Archer C7 Router und schon war die Vesperkirche digital. Am 26. Januar ging es dann offiziell los!
Vorher… Fast fertig!
Was ist an dem Projekt Vesperkirche so besonders, dass es sich lohnt an dieser Stelle ausführlicher darüber zu berichten? Wie bereits gesagt, mehr als ich dachte. Das Konzept Vesperkirche ist in den südlichen Bundesländern bereits etabliert, in NRW aber noch relativ neu. Die Vesperkirche Niederberg war 2018 die Erste auf dem Gebiet der Evangelischen Kirche im Rheinland und ist es bis heute.
Es klingt paradox, aber auf den ersten Blick hat die Vesperkirche relativ wenig mit Religion an sich zu tun. Es geht vor allem darum, einen Raum für Begegnungen zu schaffen. Hier treffen Junge auf Alte, Arme auf Reiche, fröhliche auf traurige Charaktere, extrovertierte auf introvertierte Menschen, Christen auf Muslime, Inländer auf Ausländer treffen und treten ganz entspannt miteinander in Kontakt. Gesprochen wird nicht über das, was all diese Menschen unterscheidet. Stattdessen sah ich bei unserem Besuch viele lachende und glückliche Gesichter, die den Eindruck erweckten, dass es mehr Gemeinsamkeiten als trennende Unterschiede gab.
Und so kommt doch irgendwie das Thema Religion ins Spiel. Allerdings ohne Dogmen, denn von Ausgrenzung, Vorurteilen, sozialer Kälte und Spaltung der Gesellschaft war in Velbert nichts zu sehen. Es sind all die kleinen Tischgeschichten, die Hoffnung machen, dass es um unsere Gesellschaft doch nicht so schlimm steht, wie Presse und soziale Medien uns glauben machen wollen. Es gibt ihn noch, den persönlichen Kontakt, der überrascht und glücklich macht. Und wir Freifunker sorgen dafür, dass diese Kontakte auch in der digitalen Welt bestehen bleiben.
Tischgeschichten
Beim Mittagessen kommt ein allein lebender Mann mittleren Alters mit seiner bis dato unbekannten Tischnachbarin ins Gespräch. Schwups – die beiden sind für den kommenden Tag zum Essen verabredet.
Eine ältere Dame, die ihre gleichaltrige Nachbarin aus dem Viertel zwar jeden Tag auf dem Weg zum Einkaufen sieht, sie aber noch nie angesprochen hat, traut sich nun doch. Bei Kaffee und Kuchen kommt der Kontakt endlich zustande und ab morgen gehört der Klönschnack zum Einkaufsritual dazu.
Für einen obdachlosen Mann ist die Vesperkirche das Highlight des Jahres, denn hier wird er nicht übersehen und wie alle anderen auch mit Respekt behandelt. Er genießt die täglichen Tischgespräche und findet das abwechslungsreiche und informative Tagesprogramm gut. Aber noch besser gefällt ihm sein neuer Haarschnitt. Den gab es am Vortag kostenlos im Zuge des Wohlfühlprogramms in der Vesperkirche.
Eine Besucherin erfährt, dass noch weitere Kuchenspenden benötigt werden und bietet spontan ihre Hilfe an. Wehe wenn sie losgelassen – aus einem Blech sind dann am Ende drei geworden und ich bedanke mich bei der Dame für die schöne Überschrift.
Glück kommt beim Essen!
Es ist kein gewachsenes, sondern eher ein bunt zusammen gewürfeltes Wohngebiet rund um die Vesperkirche, doch das täglich wechselnde Programm zog rund 350 Besucher pro Tag an. Viele kamen jeden Tag wieder und boten spontan ihre Hilfe an. Diese zusätzlichen helfenden Hände waren auch dringend notwendig denn täglich landeten durchschnittlich 350 Essen und 300 Kuchenstücke auf den Tellern.
Mit dem Landhaus Stolberg hatte die Vesperkirche einen kulinarischen Profi an der Seite, der mit seiner Crew undehrenamtlichen Helfern innerhalb von 14 Tagen über 4.500 Portionen vor Ort frisch gekocht auf den Tisch brachte. Ganz ohne chemische Zusätze aus der Lebensmittelindustrie. Chefkoch und Geschäftsführer Kai-Uwe Stachelhaus hat damit klar bewiesen, dass gutes Essen aus frischen Zutaten gerade für den kleinen Geldbeutel passt, wenn auf teure Convenienceprodukte aus Tüte und Packung verzichtet wird.
Ein paar Zahlen zum Schluss
- 200 Helfer leisteten in der Vesperkirche über den gesamten Zeitraum 555 Helfertage
- Aus geplanten 200 Essen pro Tag wurden im Durchschnitt mehr als 300 warme Mahlzeiten
- 4500 Stücke Kuchen und rund 4800 Essen wurden verspeist
- 1x TP Link Archer C7 war direkt am Internetanschluss installiert
- 1x TP Link Archer C7 war per WiFi Mesh im Kirchenraum verbunden
- 1 technische Störung, bedingt durch den Teredo Filter in der Fritzbox, wurde in weniger als 5 Stunden behoben
- In der Spitze waren zeitgleich 60 Geräte in Summe über Freifunk verbunden
- Volumen pro 24h (siehe Grafik)
Fazit
Die Vesperkirche Niederberg endete am 9. Februar 2020. Das damit einhergehende Pilotprojekt, Kirche zu digitalisieren, war ein voller Erfolg und auch wenn wir die Router nach 14 Tagen Vesperkirche erst einmal abgebaut haben, laufen derzeit Gespräche mit dem Presbyterium über eine dauerhafte Installation. Wir Freifunker im Neanderland freuen uns über die positive Resonanz, hatten viel Spaß und sind von der Vesperkirche beeindruckt. Wir danken dem Kirchenkreis Niederberg, dem Diakonischen Werk sowie allen weiteren Projektbeteiligten für die tolle Zusammenarbeit und sind bei der nächsten Vesperkirche gerne wieder dabei!
Beobachtet von Patricia Hillebrand
Bildmaterial © Kirchenkreis Niederberg, Frank Wessel